Ausbildung und Scheine – Wissenswertes rund um das Schweißen

Das Schweißen, also das dauerhafte und nicht lösbare Verbinden von Metallbauteilen mittels Hitze und Druck, umfasst eine Vielzahl stark individueller Arbeitsprozesse. Sie unterscheiden sich in der Art der verwendeten Gerätschaften, der eingesetzten Hilfsmittel, aber auch der zur korrekten Umsetzung erforderlichen Techniken und Fähigkeiten. Daher verwundert es kaum, dass nicht jeder einfach “wild drauf los” schweißen kann, sondern dass insbesondere die Arbeiten im gewerblichen Bereich starken Regulierungen und Kontrollen unterliegen. Wie und wo man das Schweißen erlernt und welche Bedingungen mit erteilten Schweißscheinen verbunden sind, erfährst Du im Folgenden einfach und leicht verständlich erklärt.
Allgemeines zur Schweißausbildung
Landläufig heißt es, dass jede Schweißnaht, an die besondere Anforderungen gestellt werden, nur von qualifizierten Personen erstellt werden dürfen. Im Klartext, immer dann, wenn eine geschweißte Verbindung eine besondere Anforderung erbringen muss, kommt man aus ausführende Person um den Schweißschein als Befähigungsnachweis nicht herum.
Aber was bedeutet das in der Praxis? Im Allgemeinen wird es heute so gesehen, dass je Schweißnaht eine besondere Anforderung erfüllt. Denn unabhängig von ihrem Einsatzbereich soll sie immer die durch das Schweißen zusammengefügten Teilstücke sicher und dauerhaft verbinden. Letztlich bedeutet das, dass jeder Schweißvorgang von einer fachkundigen, also im Besitz eines Schweißscheines befindlichen Person durchgeführt werden muss.
HINWEIS: Diese Anforderung gilt universell und unabhängig davon, ob gewerblich oder privat geschweißt wird. Aus technischer Sicht ist es unerheblich, in welchem rechtlichen Rahmen sich die schweißende Person bewegt. Der praktische Unterscheid ist lediglich der, dass im Privaten durchgeführte Schweißarbeiten den Kontrollstellen in aller Regel nicht bekannt sind, so dass eine Prüfung der Qualifizierungsnachweise normalerweise nicht erfolgt.
Warum überhaupt Ausbildung und Prüfung?
Doch warum wird gerade beim Schweißen so stark auf die Qualifikation der ausführenden Personen geachtet? Bei zahlreichen anderen Werkzeugen und Geräten darf die Verwendung doch auch ohne zusätzliche Qualifizierung und Prüfung erfolgen.
Die Ursache für diese starke Regulierung und Kontrolle des Schweißbetriebs liegt sicherlich darin, dass die verschiedenen Verfahren allesamt dazu dienen, hoch belastbare und vielfach auch tatsächlich hoch belastete Verbindungen zu erzeugen. Ob Druckkessel, Rohrleitungen, tragende Bauteile oder Kfz-Karosserien – immer wieder kommt der Schweißnaht eine elementare Bedeutung für die Funktionalität und letztlich auch Betriebssicherheit der geschweißten Bauteile zu. Zwar lassen sich Schweißnähte auch nach Erstellung prüfen und gegebenenfalls überarbeiten, erst die Garantie einer flächendeckenden Minimalqualifizierung der Schweißer und Schweißerinnen sorgt von vorn herein für eine geringe Fehlerquote und eine hohe Sicherheit einer fachgerechten Umsetzung.
Die Rechtsgrundlagen
Geregelt ist die Prüfung von Schweißern in mehreren DIN-Normen. Während bis 2013 alleinig die DIN 287-1 “Prüfung von Schweißern – Schmelzschweißen” maßgebend war, existiert seit 2013 zusätzlich die DIN EN ISO 9606-1 gleichen Namens. Eigentlich sollte die neue Norm die bewährte DIN 287-1 ersetzen. Da aber verschiedene andere Normen sich immer noch und ohne zeitliche Begrenzung auf die alte DIN beziehen, existieren heute faktisch zwei Regelwerke, die die Prüfung von Schweißern definieren. Als Ergebnis ist die Vielfalt der unterschiedlichen Befähigungsnachweise und Prüfung sehr groß und selbst für metallverarbeitende Fachbetriebe oft kaum noch zu überblicken. Da aber die zu leistenden Inhalte der Schweißausbildung in beiden Normen übereinstimmen, sind die Auswirkungen für den interessierten “Auszubildenden” überschaubar.
Unterschiede in Ausbildung und Zeugnissen
Wer Du Dich von der komplizierten Fachsprache der Normen nicht abschrecken lässt und einen Blick in die Liste der möglichen Schweißscheine wirfst, wirst Du zunächst von der Fülle der Möglichkeiten überwältigt und vielleicht sogar überfordert sein. Anstatt alle aufgelisteten Scheine und Qualifizierungsmöglichkeiten zu verinnerlichen, ist es sinnvoller, die grundsätzliche Funktionsweise der Normung zu kennen:
- Ein Schein je Prozess:
Leider gibt es nicht den einen Schweißschein, so wie es auch nicht das eine Schweißverfahren gibt. Die DIN fordert für jeden technischen Prozess einen eigenen Schweißschein. Dabei erfolgt eine sehr feine Unterteilung der Prozesse, so dass es beispielsweise nicht nur Metall-Aktivgasschweißen und Wolfram-Inertgasschweißen gibt. Stattdessen unterteilt sich das Metall-Aktivgasschweißen in weitere Unterprozesse, wie beispielsweise mit Massivdrahtelektrode, mit schweißpulvergefüllter Elektrode oder mit metallpulvergefüllter Drahtelektrode. Ähnlich sieht es für die alle anderen Prozesse aus. Durch die jeweils eigene Ausbildung und Prüfung wird sichergestellt, dass Du alle Eigenheiten des individuellen Verfahrens verinnerlicht hast und auch reproduzieren kannst. - Abwärtskompatibilität der Prozesse:
Zur Vereinfachung und Reduzierung der Fülle an erforderlichen Schweißscheinen existiert eine Anerkennung höherwertiger Scheine für Scheine mit geringeren Anforderungen. Hast Du also einen Schweißschein für das Wolfram-Inertgasschweißen mit Fülldraht- oder Füllstabzusatz, darfst Du auch Inertgasschweißen ohne Schweißzusatz. - Ein Schein je Nahttyp, Werkstoffgruppe und Produktform:
Da aber nicht nur der angewendete Prozess, sondern auch die Arbeitsweise und das verarbeitete Bauteil einen Einfluss auf Arbeitsweise und -ergebnis haben, ist es alleinig mit einem Schein je Prozess nicht getan. Es wird unterschieden zwischen:- Schweißen mit Stumpfnaht oder Kehlnaht: Für jede Nahtart ist ein eigener Schein erforderlich.
- Unterschiedlichen Werkstoffen: Je nach zu schweißendem Material ist ein eigener Schein erforderlich. Zur Vereinfachung werden Materialien ähnlicher Eigenschaften in Werkstoffgruppen zusammengefasst, so dass der Befähigungsnachweis nur je Werkstoffgruppe, nicht aber je Werkstoff erforderlich ist.
- Produktform: Je nach Form des zu schweißenden Materials als Blech, Rohr oder Sonderform kann ein eigener Schein nötig sein. Zwar befähigt eine Prüfung für Blech auch für gewisse Rohre, allerdings ist ein klarer Rahmen definiert, Rohre welcher Größenordnung und Beschaffenheit mit dem Schein für Blech geschweißt werden dürfen. Anders herum gilt selbstverständlich das gleiche.
In der Folge kann es als bildhaftes Beispiel also der Fall sein, dass Du einen Schweißschein erwirbst, der es Dir gestattet, gemäß DIN 287-1 mit dem Schweißverfahren 135 Metall-Aktivgasschweißen mit Massivdrahtelektrode ausschließlich Bleche oder Rohre mit Außendurchmesser über 500mm unabhängig der Schweißposition mit Kehlnähten zu verschweißen.
Die Ausbildung aus praktischer Sicht
Die genauen Inhalte einer Schweißausbildung sind nicht im Detail festgelegt und können so in gewissem Rahmen frei von der durchführenden Institution bestimmt werden. Allerdings müssen alle relevanten Themenbereiche abgedeckt werden, so dass sich die Ausbildungsinhalte im Großen und Ganzen stark ähneln.
Ausbildungsinhalte
Der Vergleich unterschiedlicher Angebot ergibt folgende, immer beinhaltete Themen:
- Schweißgeräte, Schweißgase und Schweißzusätze
- Arbeitstechniken und Schweißnahtvorbereitung
- Arbeitssicherheit und Unfallverhütungsvorschriften
- Schrumpfung, Spannung und Verzug, sowie Gegenmaßnahmen
- Werkstoffkunde
- Herstellen von Rohren und Schweißstößen an Rohren
- Qualitätssicherung in der Schweißtechnik
- Schweißnahtfehler und Nahtprüfverfahren
In der Regel schließt eine jede Ausbildung im Schweißen auch mit einem Schweißschein ab, da die erlangten Kenntnisse ansonsten nicht in der Praxis anwendbar sind. Allerdings kann es jederzeit sein, dass nur einzelne, oder auch mehrere Schweißverfahren durch eine Prüfung mit einem Schein zur Anwendbarkeit geführt werden, während für andere Teilbereiche keine Prüfung mit Schweißschein abgelegt wird.
Anbieter und Dauer
Da die Ausbildungsinhalte nicht geregelt sind, gibt es auch keine allgemein verbindliche Angabe über die Lehrgangslänge. Sie hängt stark von den persönlichen Fähigkeiten und Vorkenntnissen der erwerbenden Person ab, sowie von der gewählten Art der Unterrichtsform. Schulungen sind entweder als Vollzeit-Blockveranstaltungen möglich, als auch als Abendkurse oder sogar In-Haus-Veranstaltungen bei Betrieben mit Bedarf an Schweißausbildungen. Zahlreiche Angebote gehen als Richtwert bis zur Ablegung der Prüfung von einem bis zu drei Tagen aus, oder alternativ von einem ein bis zwei Wochen dauernden Abendkurs. Sind bereits intensive Kenntnisse vorhanden, die lediglich auf weitere Scheine erweitert werden sollen, kann die Schulung mit Prüfung aber auch an einem einzigen Vormittag erledigt sein.
Bekannte Veranstalter dieser Fortbildungen sind die einschlägigen Institutionen im Bereich beruflicher Weiterbildung, wie beispielsweise TÜV oder Dekra. Aber auch private Anbieter ermöglichen das Erlernen des Schweißens in unterschiedlicher Unterrichtsform.
Möchte man dagegen keinen einzelnen Schweißschein, sondern vielmehr das vollständige Berufsbild des Schweißers erlangen, ist der Ausbildungsumfang ungleich größer. Kurse zum ausgebildeten Rohrschweißer umfassen Zeiträume ab 12 Wochen, während ein umfassend geschulter Fallnahtschweißer mit rund 20 Wochen rechnen muss. Auch die Anbieter dieser umfassenden Schulungen sind weniger breit gestreut, so dass tatsächlich die bereits aufgeführten Ausbildungseinrichtungen zu den meist besuchten zählen.
Prüfungsinhalte
Ziel der Prüfung ist es, die theoretischen Kenntnisse, aber auch ihre praktische Anwendbarkeit dieser Kenntnisse zu kontrollieren. Die Schweißprüfung besteht daher aus zwei Teilen:
- Theoretische Prüfung – Hier werden die allgemeinen Kenntnisse rund um Schweißtechnik, Werkstoffkunde und Arbeitssicherheit an Hand von Fragen geprüft. Ähnlich der Führerscheinprüfung sind Fehlerpunkte zulässig. Das Überschreiten der zulässigen Fehlerzahl führt dagegen zum Nichtbestehen der Prüfung.
- Praktische Prüfung – Der Prüfling erstellt nach Vorgabe des Prüfers verschiedene Werkstücke, bei denen die zu prüfenden Schweißnähte, Schweißtechniken und Werkstoffe eingesetzt werden. Ob die erstellten Arbeiten die Anforderungen erfüllen, wird im Anschluss an Hand zweier Prüfebenen abgeglichen:
- Erste Ebene – Sichtprüfung. Der Prüfer kontrolliert, ob die Anforderungen augenscheinlich eingehalten sind.
- Zweite Ebene – Prüfung über technische Messung: Sind in der ersten Ebene der Prüfung keine Beanstandungen feststellbar, wird das Prüfstück durch Röntgen oder andere Verfahren kontrolliert, die einen Blick in das Innere der Schweißnaht erlauben. Erst wenn hier auch keine Abweichungen vom Soll erkennbar sind, ist die Prüfung bestanden.
Prüfer und Prüfinstitutionen
In aller Regel erfolgt die Prüfung unmittelbar am Ende der Ausbildung zum jeweiligen Schweißthema. Die Prüfer werden entweder direkt vom Veranstalter gestellt, oder kommen zum Kursende dazu. Eine offizielle Stelle, der die prüfenden Personen angehören müssen, existiert nicht. Eine Prüfung abnehmen darf jede fachkundige Person, die über eine Akkreditierung der Deutschen Akkreditierungsstelle in Berlin (DakkS) verfügt. Schult ein großer Betrieb seine Schweißer selbst, darf selbst eine interne Schweißaufsichtsperson mit entsprechender Akkreditierung die Prüfung für die eigenen Mitarbeiter durchführen.
Neben der fachlichen Eignung und der Akkreditierung wird von den Prüfern gefordert, dass sie in dem jeweiligen Prüfbereich mindestens fünf Prüfungen jährlich durchführen. So soll sichergestellt werden, dass sie über die erforderliche Routine und Erfahrung verfügen.
Die Kosten
Wie bereits bei den Unterschieden der Ausbildung erläutert, ist letztlich für jede Schweißtechnik ein einzelner Schein mit zugehöriger Ausbildung erforderlich. Die Kosten hierfür können deutlich variieren, je nachdem, ob Du einen einzelnen Schein erwirbst, oder mehrere Scheine in einer Ausbildung kombinierst. Gängige Angebote liegen für einen einzelnen Schein einschließlich vorangehender Ausbildung bei rund 150,- EUR. Man sollte allerdings nie vergessen, dass man mit der Befähigung für eine einzelne Schweißart extrem spezialisiert unterwegs ist und für die universelle Einsetzbarkeit als Schweißer kaum in Frage kommt. Stattdessen verfügt nahezu jeder Schweißer zumindest über ein gewisses Spektrum verschiedener Befähigung der gleichen Technik- oder Werkstofffamilie. Die für diese Ausbildung erforderlichen Kosten liegen dann dementsprechend höher.
Dauerhaft Schweißen dürfen – die Auswirkungen des Schweißscheins
Nun hast Du einen oder mehrere Schweißscheine und erfreust Dich an deinen erworbenen Fähigkeiten. Vielleicht denkst Du ja sogar darüber nach, dich an Hand dieser Fertigkeiten beruflich zu verändern? In der Folge einer Schweißprüfung können sich für Dich so einige Veränderungen ergeben.
Die Aussichten
Entscheidest Du Dich für einen Beruf im Bereich des Schweißens, wird natürlich auch die Frage des damit erzielbaren Gehalts interessant. Zwar lässt sich auf Grund regionaler Unterschiede und der hohen Varianz des Befähigungsumfangs keine allgemeingültige, fixe Zahl benennen. Der grobe Rahmen ist dagegen im Bundesdurchschnitt überall ähnlich:
- Durchschnittliches Monatsgehalt: ca. 2.350,-EUR Brutto
- Durchschnittliches Jahresgehalt: ca. 28.200,-EUR Brutto
- Durchschnittlicher Stundenlohn: ab ca. 20,-EUR Brutto
Geltungsdauer und Verlängerungen
Hast Du ein Schweißzeugnis erlangt und verdienst vielleicht sogar deinen Lebensunterhalt, solltest Du nicht vergessen, dass dieser Befähigungsnachweis nicht unbegrenzt gültig ist. Jeder Schweißschein gilt ab Erwerb für die Dauer von zwei Jahren. Aber auch das ist nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber oder die Schweißaufsichtsperson alle 6 Monate bestätigt, dass Du tatsächlich im Bereich dieses Scheins schweißt und deine Arbeit kein Grund zu Zweifeln an deinen Fähigkeiten zulässt. Ein Schein kann bei Ablauf um weitere zwei Jahre verlängert werden, sofern der Prüfstelle Berichte vorgelegt werden, die die Qualität deiner Arbeit belegen. Dazu können von Dir erstellte Arbeiten auf technischen Weg, also mittels Ultraschall oder Durchstrahlungs- bzw. Bruchprüfungen getestet werden.
Fazit – Eine fundierte Ausbildung mit klarer Ausrichtung
Wie Du siehst, ist das Schweißen eben doch nicht nur das Zusammenfügen von Metall. So vielfältig wie die Techniken sind auch die Ausbildungen und Prüfungen, die für den Erwerb und Einsatz deiner Schweißkenntnisse erforderlich sind. Damit wird die Welt der Schweißscheine für Anfänger wie Profis zwar sehr unübersichtlich und kompliziert. Andererseits trägt der Gesetzgeber damit aber auch der Tatsache Rechnung, dass richtiges Schweißen in vielen Bereichen der Technik und des täglichen Lebens darüber entscheidet, ob und wie sicher Maschinen, Fahrzeuge, Bauwerke und viele andere Dinge sind.